Samstag, 14. Januar 2012

V.A.: Compilation for a Cat

V.A.: Compilation for a Cat

Als Amanda Vottas Kater vor ein paar Wochen mit einem lädierten Hinterbein heimkam, sah alles noch nach einer leicht zu behandelnden Verletzung aus, die man schnell und ohne größere Kosten behandeln kann. Zumindest dachte das zunächst auch der Tierarzt, der erst nach weiteren Untersuchungen einen komplizierteren Oberschenkelbruch diagnostizierte, dessen Behandlung kostenmäßig im vierstelligen Bereich rangieren wird – ein Preis, den die Schwedin nicht mal so von jetzt auf gleich aufbringen konnte. Dass sie mit einigen bekannten Musikern befreundet ist, erwies sich dabei als kleiner Vorteil, denn Peter Bjärgö (Arcana), Neddal Ayad (Stone Breath-Umfeld) und Michael Tanner (Plinth) machten den Vorschlag, zu dem Zweck einen kleinen Sampler zusammenzustellen und luden eine ganze Reihe von Kollegen ein, sich daran zu beteiligen. Das Resultat ist eine 37 Stücke umfassende Sammlung größtenteils exklusiver Musik, die man für einen Spendenbeitrag seiner Wahl herunterladen kann.

Doch nicht nur die Tatsache, dass mit den Einnahmen statt der Studiobar eine Tierarztrechung bezahlt wird, macht die Compilation interessant, denn musikalisch hat sie durchaus was zu bieten. Troy Schafer, bekannt als je eine Hälfte von Kinit Her und Wormsblood, verkörpert die stilistische Stoßrichtung des Samplers vielleicht am Besten – ein auf Zeitlupe gepitchter, nur partiell verständlicher Textvortrag thront über einer Klanglandschaft, in der minimale Saitenloops und ein hypnotisches Drone um die Vorherrschaft ringen, folkloristische Sanftheit trifft auf puren Sound, bei dem auch rauere Momente Platz haben. Den Sieg trägt allerdings eine berührende Violine bei, die gekonnt im Schwebezustand zwischen Wohlklang und Schrägheit verharrt. Der durch Gruppen wie United Bible Studies und Momick bekannte Richard Moult hat mit seinem von Piano und dem Sopran von Kate Hopkins getragenen „Be still, you little leaves“ das vielleicht schönste Stück der Sammlung beigetragen, es beruht auf einem Gedicht der walisischen Naturlyrikerin Mary Webb. Ebenfalls klavierlastig, doch eher in Form eines an The Housmartins erinnernden Schlagerpop, geben sich die Newcomer The Aves. Tony Wakeford, stolzer Dosenöffner eines gewissen Herrn Pussolini, kennt sich aus mit den Eigenarten unserer pelzigen Freunde, die er in dem famosen Folkstück „Cats sleep anywhere“ besingt. Nichts, was seine Fans lieben, fehlt: metallisches Gitarrenpicking, kräftig verzerrte Saiten, spontane Tempowechsel, kauzige Ironie – eingerahmt in Gastvocals, die wohl vom Signore persönlich stammen. Ein weiteres Folkhighlight, diesmal mit entrücktem Banjo, kommt von dem Iren David Colohan alias Agitated Radio Pilot. Experimenteller wird es bei der Dronefolkerin Susan Matthews und ihren verrauschten Wiederholungsfiguren, die nach Mandoline und Piano klingen.

Bei dem in Berlin lebenden Sound- und Installationskünstler Sean Derrick Cooper Marquardt ist der unprätentiöse Titel seines strudelartigen „Various Pitches, Bends, and Invocations“ Programm. Mitinitiator Peter Bjärgö lierfert eines seiner perkussiveren Stücke ab, das Züge einer Hommage an gute alte 4AD-Tage trägt. Sein Stammprojekt Arcana setzt auf feierliche, von einem Schuss sogenannter Weltmusik durchzogene Orchestralmusik, schlägt die Brücke zur orientalisch anmutenden Soundkollage von Desiderii Marginis, die hinter ihrem verhaltenen Grollen und Brummen Monumentales anklingen lässt. Lauter wird es bei Vera Bremertons „Heart of Nihil“ ein betont raues Lofibombardement aus verzerrten Sounds und spukhaften Vocals. Maarten van der Vleuten liefert ein verrauschtes Dronestück ab, vergleichbar dem Beitrag von Chemical Sound Engine und dem unterschwellig brodelnden „Pussy Cat Drone“ von Elizabeth Veldo.

Die von mir beschriebene Auswahl ist natürlich subjektiv – es handelt sich dabei um die Beiträge, die mir beim (just in dem Moment abgeschlossenen) ersten Hördurchgang am stärksten aufgefallen sind. Mehr dazu und eine Möglichkleit zum Download u.a. für kurze Zeit hier. (U.S.)

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